Nicht nur Zoom, sondern auch andere Videokonferenz-Lösungen wie Teams, Webex, GotoMeeting, etc. haben Mängel, die den Geist und den menschlichen Körper erschöpfen. Allerdings gibt es einige einfache Tricks, um diese Probleme abzumildern.

Professor Jeremy Bailenson von der Stanford University untersuchte in einem am 23. Februar 2021 in der Zeitschrift “Technology, Mind and Behavior” veröffentlichten Artikel die psychologischen Auswirkungen der täglich stundenlangen Zoom-Videokonferenzen und anderer, stark wachsende Videokonferenzen seit Beginn der Corona-Pandemie und der Beschleunigung der Telearbeit.

Nach einer Studie des Arbeitsproduktivspezialisten Virtira  mit dem Titel “Webcam-Umfrage – erschöpft oder engagiert” , geben mehr als 49% der  Untersuchungsteilnehmer an, unter psychischen und emotionalen Belastungen zu leiden und erschöpft zu sein, weil sie während der COVID-19-Pandemie viel Zeit vor Webcams verbrachten. An dieser in den USA durchgeführten Studie nahmen 1.700 Personen teil (Angestellte, Manager und Führungskräfte).

Ähnlich wie Google zum Synonym für Web-Suche wurde, könnte in den USA der Begriff „Zoomer“ eine universelle Bezeichnung für Teilnehmer einer Videokonferenz werden. Denn die virtuellen Meetings nehmen stetig zu. Millionen von Menschen nutzen diese täglich diese Videokonferenzsysteme, da soziale Distanzierung und Einschränkungen die Menschen physisch derzeit voneinander fernhalten.

In einem Artikel betonte Jeremy Bailenson, dass es nicht darum geht, Videokonferenzanwendungen zu schädigen, die er gerne und regelmäßig nutzt, sondern die Auswirkungen der Verbreitung dieser Technologien auf die Ermüdung zu untersuchen und Benutzeroberflächenänderungen und Funktionalitätsverbesserungen anzubieten.

Professor Bailenson schreibt, dass Videokonferenzen ein gutes Werkzeug zur Fernkommunikation seien, dass dies aber, nur weil man diese Videokonferenzsysteme nutzen kann, nicht heißt, dies auch ständig tun zu müssen.”

Nach Bailenson gibt es vier Hauptgründe, warum Videokonferenzen die Nutzer ermüden:

(Leser dieses Artikels werden zur Teilnahme an einer  Studie  des Virtual  Human  Intercation  Lab  der Stanford University  eingeladen, um das Phänomen der “Ermüdung” besser zu verstehen.)

  1. Zu viele Augenkontakte

Die Menge an Augenkontakte und die Größe der Gesichter auf den Bildschirmen sind nicht natürlich auf Videokonferenz-Anwendungen.  

In Meetings schauen die Meeting-Teilnehmer in der Regel auf den Vortragenden, während sie Notizen machen, oder sie wenden ihre Blicke in eine andere Richtung. Bei den „Zoom“-Meetings dagegen schauen sich alle Teilnehmer an. Ein Zuhörer wird nonverbal genauso behandelt wie ein Redner, mit anderen Worten, auch wenn man nicht in einer Sitzung spricht, starren die Gesichter auf einen. Die Menge an Augenkontakten ist daher signifikant erhöht.

Je nach Größe des Bildschirms, können die Gesichter von Video-Aufrufen zu groß sein. Normalerweise, schreibt Bailenson, sieht man bei den meisten Konfigurationen bei einem Videoanruf Gesichter in einer Größe, die einen persönlichen Raum simulieren, den man normalerweise erlebt, wenn man mit jemandem in einer privaten Umgebung ist. Wenn das Gesicht einer Person in unserem wirklichen Leben so nahe ist, interpretiert unser Gehirn dies als eine intensive Situation, die zu Intimität oder Meinungsverschiedenheiten führen kann. Wenn man also Videokonferenzsysteme wie Zoom, Teams, GotToMeeting, Webex, etc. für viele Stunden nutzt, befindet sich ständig in diesem hyper-aufgeregten Zustand.

Die empfohlene Lösung ist, das verwendete Videokonferenzsystem auf einem minimierten Bildschirm zu verwenden, um die Gesichtsgröße zu verringern und eine externe Tastatur zu verwenden, um eine virtuelle Erhöhung der Distanz zwischen sich und den anderen Konferenzteilnehmern zu ermöglichen.

2. Sich selbst die ganze Zeit anzusehen ist anstrengend.

Die meisten Videokonferenz-Apps zeigen, wie man selbst während der Videokonferenzen aussieht.

Professor Bailenson zitiert Studien, die zeigen, dass, wenn man ein Spiegelbild von sich selbst sieht, man sich selbst gegenüber kritischer sei. Viele von uns sehen sich jetzt selbst in Videokonferenzen, welche jeden Tag oft stundenlang stattfinden. Die ist anstrengend wie viele Forschungen belegen, die aufzeigen, dass es negative emotionale Folgen hat, wenn man sich im Spiegel sieht.

Eine Lösung dieses Problems ist bei Zoom beispielsweise die “Hide Self-view”-Taste zu verwenden, welche man durch Klicken mit der rechten Maustaste auf seinem eigenen Foto aufrufen kann, sobald wir sehen, dass unser Gesicht im Video richtig gerahmt ist. 

3. Video-Chats reduzieren unsere gewohnte Mobilität erheblich.

Telefongespräche und persönliche Gespräche ermöglichen es den Menschen, spazieren zu gehen und sich zu bewegen. Aber bei Videokonferenzen haben die meisten Kameras ein bestimmtes Sichtfeld, was bedeutet, dass eine Person in der Regel an einem Ort bleiben muss. Die Bewegung ist in einer Weise begrenzt, die nicht ganz natürlich ist. Bailenson schreibt von Studien, welche aufzeigen, dass Menschen, die sich bewegen, kognitiv besser funktionieren.

Die Lösung ist also, den Menschen zu empfehlen, sich mehr Gedanken zu machen, in welchem Raum sie sich in Videokonferenzen befinden, wo die Kamera steht und ob Elemente wie eine externe Tastatur dazu beitragen können, Distanz oder Flexibilität zu schaffen. Zum Beispiel ermöglicht eine externe Kamera, welche weiter vom Bildschirm entfernt angebracht ist, während virtueller Meetings zu kritzeln, wie wir es in echten Meetings ebenfalls machen würden. Und natürlich ist das regelmäßige Abschalten seiner Videokamera während der Sitzungen eine Grundregel, die für die Videogruppen festgelegt werden muss, um sich eine kurze, nonverbale Ruhe zu geben.

4. Die kognitive Belastung ist in Video-Chats viel höher.

In den Austausch und Interaktionen von Angesicht zu Angesicht ist die nonverbale Kommunikation ganz natürlich und jeder von uns macht und interpretiert auf natürliche Weise unlogische Gesten und Signale. Aber in Video-Chats muss das Gehirn härter arbeiten, um Signale zu senden und zu empfangen.

Wenn Sie jemandem zeigen wollen, dass Sie mit ihm einverstanden sind, müssen Sie ein Nicken übertreiben oder Sie heben den Daumen. Dies führt zu einer höheren kognitiven Belastung bei der Kommunikation. Gesten können auch verschiedene Dinge in einem Videokonferenz-Kontext bedeuten. Ein Seitenblick auf jemanden bei einem persönlichen Meeting bedeutet etwas ganz anderes, als wenn eine Person während einer Videokonferenz den Blick abwendet, weil beispielsweise das eigene Kind den Raum betritt.

Eine der empfohlenen Lösungen ist, sich regelmäßig eine Audiopause zu gönnen. Bailenson schreibt, dass es nicht nur darum geht, die Kamera auszuschalten, um nicht nur nonverbal aktiv zu sein, sondern auch darum, den Körper abzulenken, um sich geistig zu erholen.

Diese Analyse des “Zoom-Ermüdungs” ist sehr interessant, und wir hoffen, dass in den kommenden Monaten ähnliche Studien in Europa.  

Dr Jean Jacques WENDORFF Partner ALHAMBRA International Germany

Pierre MAURIN Partner ALHAMBRA International